Grundlagen II
Die Zahlungsfluss-Perspektive: Anleihen für die Ewigkeit

Wir schlagen die Brücke von Nullkupon-Anleihen zu ewigen Anleihen und erhalten so das Fundament für die Bewertung von Aktien und Immobilien.

Nachdem wir in Teil 1 der Grundlagenserie die Zahlungsfluss-Perspektive anhand einer Nullkupon-Anleihe eingeführt haben, wollen wir im zweiten Teil den Fokus auf Anleihen legen, die mehrere Zahlungen verbriefen.

Rückblick auf die Bewertungsformel der Nullkupon-Anleihe

Die Formel aus Teil 1 können wir verallgemeinert schreiben als

$$ Preis = \frac{Zahlung}{1 + Diskontierungsrate} $$

bzw

$$ p = \frac{z_t}{1 + r_t} $$

wodurch der Zusammenhang zwischen dem Preis eines Wertpapiers (p) und einer Zahlung (z) in der Zukunft (zum Zeitpunkt t) hergestellt wird.

Anleihe mit Zinskupon

Die meisten Anleihen enthalten jedoch einen Zinskupon. Ein Beispiel hierfür ist etwa Bundesanleihe vom 28.02.2014 mit Zinskupon von 2,5% und einer Laufzeit bis 15.08.2046 (ISIN DE0001102341). Neben einer Rückzahlung des Nennwerts am Fälligkeitstag zahlt diese Anleihe auch noch 2,5% des Nennwerts jedes Jahr am 15.08. Wer also eine Anleihen im Nennwert von 10.000€ besitzt, kann eine jährliche Zahlung von 250€ erwarten und eine Schlusszahlung am 15.08.2046 in Höhe von 10.250€ (Zins und Rückzahlung/Tilgung).

Letztlich ist eine Anleihe mit Zinskupons nicht sehr anders als eine Ansammlung von Nullkupon-Anleihen. Im obigen Beispiel könnten die Zahlungsströme auch abgebildet werden durch 21 Nullkupon-Anleihen mit Nennwert von jeweils 250 € mit Fälligkeiten jeweils zum 15.08. der Jahre 2025 bis 2045 und einer Nullkupon-Anleihe mit Nennwert von 10.250€ mit Fälligkeit am 15.08.2046. Da dies dieselben Zahlungsströme sind, können wir auch für die Bewertung der Zahlungsströme die Preise der einzelnen Nullkupon-Anleihen ansetzen. Wenn wir mit p_t den Preis der (hypothetischen) Nullkupon-Anleihe mit Fälligkeit in t bezeichnen ist die Anleihe mit Zinskupon die Summe dieser Einzelpreis, also

$$ p = p_{2025} + p_{2026} + \ldots + p_{2046} = \frac{z_{2025}}{1 + r_{2025}} + \frac{z_{2026}}{1 + r_{2026}} + \ldots + \frac{z_{2046}}{1 + r_{2046}} $$

Ist der Diskontfaktor über die Zeit konstant, so können wir die Formel vereinfachen indem wir

$$ 1 + r_t = (1 + r)^{(t-2024)} $$

setzen. Wir erhalten dann

$$ p = \frac{z_{2025}}{(1 + r)^1} + \frac{z_{2026}}{(1 + r)^2} + \ldots + \frac{z_{2046}}{(1 + r)^{22}}. $$
Perpetuität

Als Gegenstück zur Anleihe ohne Zinskupon könnte man eine Anleihe betrachten, die nur Zinskupons beinhaltet jedoch keine Rückzahlung des Nennwerts (und somit eine ewige Laufzeit hat, daher manchmal auch als ewige Anleihe bzw. ewige Rente bezeichnet wird). Stellen wir uns vor, es gäbe eine solche Anleihe der Bundesrepublik Deutschland, die jährliche Zahlungen in Höhe 10.000€ verbrieft.

Mit dem was wir zuvor schon ausgeführt haben ist uns nicht unbekannt wie wir eine solche Anleihe bewerten würden. Schließlich ist diese Anleihe nichts anderes als eine Reihe von Nullkupon-Anleihen, für jedes kommende Jahr eine. Eine davon, die Anleihe für die 10.000€ Zahlung im Jahr 2050 kennen wir schon. Leider gibt die Bundesrepublik Deutschland aktuell weder ewige Anleihen aus noch gibt Sie Nullkupon-Anleihen mit Laufzeiten über 30 Jahre.

Bei gleichbleibenden jährlichen Zahlungen in Höhe von z und einem Preis p und einem konstanten Diskontfaktor erhalgen wir somit

$$ p = \frac{z}{r} $$

Gäbe es also die Möglichkeit eine 2,5% Anleihe ohne Fälligkeit zu kaufen, sodass wir jährliche Zahlungen in Höhe von 250€ bis in alle Ewigkeit (also auch vererbbar) erhalten könnten, dann müssten wir bei einem Zinsniveau von 2% dafür 12.500€ zahlen. Bei einem Zinsniveau von 2,5% wären es hingegen nur 10.000€ und bei 5,0% entsprechend gar nur 5.000€.

Auch bei dieser Formel sehen wir den Zusammenhang zwischen Diskontrate und Preis. Steigt der Zins von 1% auf 2% (also um 100% bzw den Faktor 2), fällt der Preis um 50% (um den Faktor 1/2). Wir sehen auch, dass eine Zinsänderung von einem Prozentpunkt von einem höheren Zinsniveau aus eine kleinere Preisänderung impliziert. So fällt der Preis beim Anstieg von 4% auf 5% um lediglich 20%. Auf einem niedrigen Zinsniveau sind daher Preisschwankungen höher als auf einem hohen Zinsniveau.

Andere "ewige" Vermögensobjekte

Aktuell gibt es keine ewigen Anleihen, wobei jedoch die 100-jährige Anleihe der Bundesrepublik Österreich (ISIN AT0000A2HLC4) keine schlechte Näherung ist. Doch über den Anleihe-Bereich hinausblickend sind "ewige" Vermögensobjekte jedoch häufig anzutreffen. Aktien haben keine Fälligkeit und auch Immobilien (bzw die Grundstücke auf denen sie stehen) sind ewig. Zwar gibt es da keine vertraglich zugesicherten Zahlungen, jedoch aber im Zeitverlauf schwankende Dividenden und Mietzahlungen. Doch das ist was für den nächsten Teil dieser Artikelserie.



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