Beitragsgarantie
Riester-Rente II

Die Beitragsgarantie als Renditekiller

Nachdem wir im ersten Teil dieser Reihe das Förderprinzip bei Riester beschrieben haben, widmen wir uns nun der Anlage dieser Gelder. Den Fokus legen wir hier auf die Beitragsgarantie, dh die Vorgabe, dass in einem Riestervertrag zu Rentenbeginn mindestens die Summe aller Beiträge (Eigenbeitrag und Förderung) zur Verfügung stehen muss. Sie ist in allen geförderten Verträgen vorgeschrieben (dh auch bei bAV und Rürup etc) und bestimmt die Aufteilung des Kapitals in Garantiekapital und Risikobudget. Nur Letzteres kann von den Anbietern flexibel und renditestark angelegt werden, während das Garantiekapital durch den Kauf von Bundesanleihen abgedeckt werden muss und die Rentabilität durch die Renditen langlaufender deutscher Staatsanleihen bestimmt wird.

Beitragsgarantie

Eine der geradlinigsten Umsetzungen dieser Garantie ist eine Anlage in Bundesanleihen ohne Zinskupon, die zum Rentenbeginn fällig werden. Beispiel: Sie stehen 10 Jahre vor dem Rentenbeginn und zahlen (inklusive Zulagen) 1.000€ in einen Riestervertrag ein. Der Anbieter muss sicherstellen, dass in 10 Jahren auch wieder 1.000€ zur Verfügung stehen. Beträgt die Rendite für eine 10-jährige Bundesanleihe 4%, müssen daher für 675€ entsprechende Anleihen gekauft werden, da 675 * (1,04)^10 = 1.000. Somit könnten 325€ anderweitig angelegt werden. Letzteres ist das sog Risikobudget. Das Risikobudget steigt mit dem Zins und dem Anlagehorizont. Bei 5% und 10 Jahren liegt es bei 386€, bei 4% und 30 Jahren gar bei 768€. Damit ist das Risikobudget bei Anlagen in jungen Jahren hoch und kurz vor der Rente eher gering. Doch das Risikobudget geht bei niedrigen Zinsen deutlich zurück, auch wenn der Anlagehorizont noch einige Jahrzehnte beträgt. So beträgt das Risikobudget bei 30 Jahren und 1% nur 258€ und bei 0% Rendite ist das Risikobudget 0€, unabhängig von der Laufzeit. Bei einer erwarteten Inflation von 2% ist es dann schwierig bis unmöglich durch die risikobehaftete Anlage die Inflation auszugleichen.

Und hier liegt ein entscheidendes Problem: Als Riester im Jahr 2002 eingeführt wurde, lag der Zins für 30-jährige Bundesanleihen bei 5,32% (entpricht einem Risikobudget von 789€), 2012 waren es dann nur noch 2,23% (484€) und 2022 schließlich 1,14% (288€) nach einer mehrjährigen Phase mit zum Teil negativen Zinsen und Risikobudgets von 0€.

Beispiel

Wir sehen uns jetzt einmal an, wie diese Anlagestrategie in der Vergangenheit funktioniert hat. Wir betrachten dazu den Fall von Förderike, die zum Zeitpunkt der Einführung der Riester-Rente im Jahr 2002 44 Jahre alt war und nun, 2025 mit 67 Jahren in Rente geht. Sie hat von Beginn an "geriestert" und jedes Jahr (inkl. Zulagen) 1.000€ angelegt.

In untenstehender Tabelle fassen wir diese Daten zusammen. Im ersten Jahr, 2002, betrug der Anlagehorizont von Förderike noch 23 Jahre, die Rendite für Bundesanleihen mit 23 Jahren Laufzeit betrug 5,45%. Somit mussten Anleihen im Wert von 295€ gekauft werden, um sicherzustellen, dass heute, zu Rentenbeginn, 1.000€ zur Verfügung stehen und somit die Beitragsgarantie erfüllt ist. Der Rest, das Risikobudget in Höhe von 705€, konnte anderweitig investiert werden.

Im zweiten Jahr, 2003, betrug der Anlagehorizont nur noch 22 Jahre und die Rendite von Bundesanleihen mit dieser Laufzeit betrug 5,14%, was einem Garantiekapital in Höhe von 332€ entspricht. Nach dieser Logik gehen wir jedes Jahr vor bis zum letzten Anlagejahr 2024. Insgesamt werden 16.761€ ins Garantiekapital eingestellt, das im Jahr 2025 einen Wert von 22.871€ hat (ohne Negativzinsen wären es exakt 23.000€ gewesen). Ins Risikobudget flossen 6.239€ (27%), wobei der überwiegende Teil (6.048€) bereits aus den Jahren bis 2014 stammt. Danach wurden aufgrund der niedrigen Zinsen (und des geringen Anlagehorizonts) fast ausschließlich Anleihen gekauft.

Wenn wir vereinfachend annehmen, dass das Risikobudget in einen DAX-Fonds geflossen ist und wir von Verwaltungskosten absehen, wäre das Risikobudget bis heute auf 28.889€ angewachsen. Zusammen mit dem Garantiekapital macht das 51.760€. Hört sich zunächst gar nicht so schlecht an - und ist es auch nicht. Eine 100% Anlage in den DAX hätte 74.483€ gebracht (+44%), doch auch die Anlage mit Beitragsgarantie konnte zumindest die Inflation schlagen. Wer einen Blick in Tabelle wirkt, sieht aber auch, dass dies nur für die Anlagen vor der Niedrigzinsphase bis 2011 gilt.

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Jahr Alter Anlagehorizont Zins (Juli) Einlage Garantiekapital Einlage Risikobudget
2002 44 23 5,45 295 € 705 €
2003 45 22 5,14 332 € 668 €
2004 46 21 5,04 356 € 644 €
2005 47 20 3,75 479 € 521 €
2006 48 19 4,24 454 € 546 €
2007 49 18 4,53 450 € 550 €
2008 50 17 4,82 449 € 551 €
2009 51 16 4,22 516 € 484 €
2010 52 15 3,99 556 € 444 €
2011 53 14 3,28 636 € 364 €
2012 54 13 1,88 785 € 215 €
2013 55 12 2,08 781 € 219 €
2014 56 11 1,37 861 € 139 €
2015 57 10 0,68 934 € 66 €
2016 58 9 -0,22 1.000 € 0 €
2017 59 8 0,28 978 € 22 €
2018 60 7 0,09 994 € 6 €
2019 61 6 -0,68 1.000 € 0 €
2020 62 5 -0,76 1.000 € 0 €
2021 63 4 -0,81 1.000 € 0 €
2022 64 3 0,32 990 € 10 €
2023 65 2 3,07 941 € 59 €
2024 66 1 2,95 971 € 29 €
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Jahr DAX (01.07.) Einlage Risikobudget Wert Risikobudget 2025
2002 3.877 705 € 4.368,64 €
2003 3.433 668 € 4.675,48 €
2004 3.901 644 € 3.965,90 €
2005 4.896 521 € 2.556,94 €
2006 5.705 546 € 2.298,28 €
2007 7.508 550 € 1.758,52 €
2008 6.468 551 € 2.045,98 €
2009 5.349 484 € 2.173,17 €
2010 6.163 444 € 1.730,51 €
2011 7.138 364 € 1.223,58 €
2012 6.750 215 € 765,45 €
2013 8.277 219 € 635,37 €
2014 9.369 139 € 356,49 €
2015 11.316 66 € 139,12 €
2016 10.336 0 € 0,00 €
2017 12.099 22 € 43,93 €
2018 12.823 6 € 11,76 €
2019 12.143 0 € 0,00 €
2020 12.319 0 € 0,00 €
2021 15.550 0 € 0,00 €
2022 13.545 10 € 16,92 €
2023 16.467 59 € 85,62 €
2024 18.501 29 € 37,21 €
2025 24.026 28.889 €
Fazit

Zum einen ist die Garantie so formuliert, dass die nominal eingezahlten Gelder zu Rentenbeginn garantiert werden - nicht ihr realer Wert. Damit verliert die Garantie an Relevanz, da es für einen Versicherten kaum interessant ist eine bestimmte Menge Geld auf dem Konto zu haben, sondern zumindest die Kaufkraft zu erhalten. Darüber hinaus bestimmt sie in bedeutender Weise die Portfolioallokation, jedoch orientiert sie sich dabei nicht an den Empfehlunge aus der Portfoliotheorie. Hier wird zumeist empfohlen, dass das Risiko sich an der Risikotoleranz und der Risikotragfähigkeit des Anlegers orientiert und/oder an der relativen Renditeerwartungen von Aktien gegenüber Anleihen, was zumeist vom Lebensalter abhängt. Typische Implementierungen sind etwa die statische 60/40 Allokation (60% Aktien, 40% Anleihen) mit regelmäßigem Rebalancing oder auch Lebenszyklus-Modelle, wo die Aktienquote im Verlauf sinkt (in jungen Jahren ggf bei 100% oder 80% liegt und vor Rentenbeginn auf unter 50% sinkt). Die Portfolioallokation, die sich aus der Beitragsgarantie ergibt kann hiervon erheblich abweichen. Die niedrigen Zinsen der letzten 15 Jahre führten zu einer sehr hohen Gewichtung von Anleihen - Anleihen mit erwartbar negativer realer Rendite.



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