Riester-Reform
Das Altersvorsorgedepot: Eine Reform der Riester-Rente

Der Gesetzesentwurf zur Reform der Riester-Rente führt ein Altersvorsorgedepot ein mit dem eine private Altersvorsorge basierend auf Wertpapieren gefördert werden soll.

Update vom 20 November 2024: Aufgrund der Entlassung des Finanzministers und der bevorstehenden Neuwahlen des Bundestages ist die Umsetzung der in diesem Artikel besprochenen Riester-Reform in der Form und dem Zeitplan des Referentenentwurfes unwahrscheinlich geworden. Dieser Artikel wird aktualisiert, sobald die nächsten Schritte absehbar sind.

Anfang Oktober dieses Jahres veröffentlichte das Bundesfinanzminsterium einen Gesetzesentwurf zur Reform der geförderten privaten Altersvorsorge ("Riester-Rente") mit dem Ziel einer Umsetzung zum 01.01.2026. Weitere Informationen zum Gesetzesentwurf finden Sie im FAQ des Bundesfinanzministeriums oder bei Finanztip (auch als Video (YouTube)).

Während Anpassungen zur Berechnung der Zulagen auch bisherige Riester-Renten betrifft, wird auch eine Variante eingeführt, die ganz ohne Versicherungsmantel auskommt und somit eine Verwaltung über ein Wertpapierdepot möglich macht. Daher wird diese Variante auch als "Altersvorsorgedepot" bezeichnet. Damit stellt sich jedoch die Frage, ob dieses geförderte Depot einem ungeförderten Depot überlegen ist. Untenstehend finden Sie Rechner, die die Vorteile für ein Förderjahr bzw. für einen gesamten Lebenszyklus ausgeben.

Prinzip der nachgelagerten Besteuerung

Kern der sog. Riester-Rente ist die Verschiebung von Einkommensteuer in die Rentenperiode. Beiträge zur Altersvorsorge werden somit so behandelt als ob man diese erst später erzielt werden würden.

Bei gleich bleibendem Steuertarif ergeben sich daraus zwei Vorteile

  • bei gleichem Nettoeinkommen kann ein höherer Betrag angespart werden
  • durch die Progression des ESt-Tarifs erfolgt eine Glättung und somit immer auch eine Reduzierung des Steuersatzes

Dies gilt für die nachgelagerte Besteuerung in der gesetzlichen Rente (seit 2005) auf Umlagebasis als auch für die geförderte private Altersvorsorge auf Kapitalbasis. Bei Letzterer hat die nachgelagerte Besteuerung jedoch nun zudem den Vorteil, dass der Sparbetrag bei positiver Rendite über längere Zeit vom Zinseszinseffekt profitieren kann.

Auch für den Bundeshaushalt wirkt die nachgelagerte Besteuerung von Renteneinkünften positiv indem es dazu beiträgt, dass Einnahmen und Ausgaben bei einer älter werdenden Gesellschaft besser zusammenfallen.

Vor- und Nachteile

Zunächst die Vor- und Nachteile des geförderten Depots gegenüber einem ungeförderten Depot im Überblick:

Vorteile Nachteile
Nachgelagerte Besteuerung Geringere Flexibilität in der Auszahlungsphase
Zulagen Risiko höherer Steuersätze in der Zukunft
Steuerfreie Akkumulation während der Ansparphase Eingeschränktes Anlagespektrum
Steuerfreie Umschichtung während der Ansparphase, inklusive Verrentung Eingeschränkte Vererbbarkeit
Reduziertes Risiko hoher Steuerbelastung durch Inflation Höhere Kosten
Schutz vor Pfändung und Anrechnung (Grundrente, Grundsicherung)
Nachgelagerte Besteuerung (+++)

Selbst ohne Zulagen und bei gleichem Steuersatz in Anspar- und Entnahmephase ist das geförderte Depot steuerlich vorteilhaft, da die Anlage aus dem unversteuerten Einkommen passiert. Damit kann, bei gleichem Nettoeinkommen, ein größerer Betrag angelegt werden. In der Regel dürfte zudem der Steuersatz in der Entnahmephase niedriger sein als in der Ansparphase.

Zulagen (+++)

Zulagen werden zwar gegen den Steuervorteil gerechnet, erhöhen jedoch den Vorteil bei geringen Einkommen (und geringen Steuersätzen). Insbesondere die Zulage für Geringverdiener in Höhe von 175 EUR ist vorteilhaft, weil sie auch beim minimalen Eigenbeitrag von 120 EUR in voller Höhe gewährt wird.

Steuerfreie Akkumulation während der Ansparphase (+)

Beim ungeförderten Depot werden in der Ansparphase Steuern auf laufende Ausschüttungen fällig, insbesondere Zinsen und Dividenden. Diese können auch mit thesaurierenden Fonds nicht vollständig umgangen werden, da seit 2018 eine Steuer auf die sog. Vorabpauschale fällig wird.

Steuerfreie Umschichtung während der Ansparphase, inklusive Verrentung (++)

Beim ungeförderten Depot fallen nicht nur Steuern auf laufende Ausschüttungen an, sondern auch Steuern auf realisierte Kapitalerträge, z.B. beim Verkauf eines Wertpapiers. Dadurch ist es häufig steuerlich nachteilig größere Depotumschichtungen vorzunehmen. Beispielsweise wird damit verhindert, dass Anleger von einem teuren ETF auf einen ähnlichen/gleichen ETF mit geringeren Kosten wechseln, wenn dadurch aufgelaufene Gewinne realisiert würden. Insbesondere Umschichtungen in risikoärmere Anlageklassen in den Jahren unmittelbar vor Renteneintritt ist dadurch häufig mit hohen steuerlichen Nachteilen verbunden. Darüber hinaus bietet das geförderte Depot die Möglichkeit des Erwerbs einer Leibrenten-Versicherung zu Rentenbeginn ohne dass dabei unmittelbar eine Steuer anfällt.

Reduziertes Risiko hoher Steuerbelastung durch Inflation (+)

Im ungeförderten Depot wird die Steuer auf den Ertragsanteil der Wertpapiere erhoben (bei Aktien-ETFs jedoch nur auf 70% des Ertragsanteils). Der Ertragsanteil ist von der Laufzeit und der nominalen Rendite abhängig. Bei gleicher realer Rendite erhöht sicher die Steuerlast wenn die Inflation hoch ist. Die Besteuerung nach dem individuellen ESt-Satz birgt diese Risiken nicht, da die Eckpunkte des ESt-Tarifs seit einigen Jahren um die Inflation angepasst werden, um die sog. "kalte Progression" zu verhindern. Insbesondere die Anpassung des Grundfreibetrags im ESt-Tarif ist verfassungsrechtlich zwingend.

Schutz vor Pfändung und Anrechnung (Grundrente, Grundsicherung) (+)

fehlt

Geringere Flexibilität in der Auszahlungsphase (--)

Geförderte Depots erlauben keine Entnahmen bis zum Rentenbeginn (mit wenigen Ausnahmen), jedoch ist eine Stillegung (also keine weitere Einzahlung) und einen Küdigung (und Rückzahlung der Steuererstattungen und Zulagen) möglich. Nach einer optionalen Sofortentnahme von 30% des Vermögens zu Rentenbeginn kann des restliche Vermögen über einen Entnahmeplan nur stückweise bis mindestens zum 85 Geburtstag entnommen werden. Bei Renteneintritt zum 65. Geburtstag und einem Entahmeplan bis 85, werden im ersten Jahr 1/20 des Vermögens entnommen, im Jahr danach 1/19 usw. Monatliche als auch jährliche Auszahlungen sind möglich, wobei der Entnahmeplan mindestens alle drei Jahre angepasst werden muss.

Risiko höherer Steuersätze in der Zukunft (-)

Sowohl beim geförderten als auch beim ungeförderten Depot besteht Unsicherheit über die tatsächliche steuerliche Belastung in der Auszahlphase. Da jedoch im ungeförderten Depot alle Anlagen aus bereits versteuertem Arbeitseinkommen, betrifft diese Unsicherheit nur den Ertragsanteil der Anlage.

Eingeschränktes Anlagespektrum (-)

Im geförderten Depot sind alle für die langfristige Anlage geeigneten Wertpapiere zugelassen, wie etwa gängige Aktien, Anleihe und Mischfonds. Zudem sind auch Einzelaktien und (auf Euro lautende) Staatsanleihen zugelassen, nicht jedoch (einzelne) Unternehmensanleihen oder Staatsanleihen in Fremdwährung. Derivate oder risikoreiche Fonds (Riskoklasse 6 und 7, bspw. gehebelte Aktienfonds) sind nicht zugelassen.

Eingeschränkte Vererbbarkeit (-)

Wird in der Auszahlphase ein Entnahmeplan gewählt statt einer Umwandlung in eine Leibrente, ist das angesparte Vermögen vererbar, jedoch nach Abzug von Zulagen und Steuererstattungen. Jedoch bleiben Kapitalerträge, die mit den Zulagen und Steuererstattungen erzielt wurden erhalten.

Höhere Kosten (-)

Es ist zu erwarten, dass das geförderte Depot gegenüber dem ungeförderten Depot höhere Kosten für Verwaltung haben wird. Jedoch ist zu erwarten, dass diese gering ausfallen werden, da das Altersvorsorgedepot im Wesentlichen auf generischen Produkten (Wertpapierdepots, Börsengehandelte Wertpapiere) basiert und somit einer Vielzahl an Anbietern ermöglicht, bestehende günstige Vertriebsprozesse ermöglicht. Aufwändige Zertifizierungen einzelner Angebote sind nicht notwendig und komplexe regulatorische Verpflichtungen von Versicherungsprodukten entfallen, wodurch die bei bisherigen Riester-Verträgen üblichen hohen Abschluss- und Verwaltungskosten entfallen.



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